Heute spreche ich mit Domile, einer Keramik-Künstlerin mit litauischen Wurzeln. Sie lebt und arbeitet derzeit in Stuttgart, wo sie neben ihrer Dozententätigkeit und Workshops auch eigene Werke kreiert. Im Interview erzählt Domile von ihrem kreativen Alltag, wie ihre Produkte entstehen und wie sie es schafft, von dem was sie liebt zu leben.
Liebe Domile, stell dich doch bitte erstmal kurz vor. Wer bist du, wo und wie lebst du und womit füllst du deinen Alltag?
Mein Name ist Domile Ragauskaite und ich komme aus Litauen, wo ich den Master in Keramik Kunst an der Kunstakademie in Vilnius gemacht habe. Gerade arbeite und wohne ich in Stuttgart. Dort habe ich im Kunstverein Wagenhalle (Innerer Nordbahnhof 1) meine zwei Ateliers. Eines ist in der Container City und das andere Atelier ist im Neubau, wo alles ganz schön und komplett neu ist. Aber meine Hauptwerkstatt, in welcher ich fast jeden Tag bin und arbeite, ist das Atelier im Container in unserem Containerdorf. Dort entwerfe, modelliere und plastiziere ich meine von mir geliebten Porzellanschalen, Tassen, Schmuck und Skulpturen. Mein Hauptmaterial ist Porzellan aber ich habe auch nichts gegen Ton. Während den Kinderworkshops arbeiten wir immer mit Ton. Das Atelier in Neubau, wo die Ton- und Filz Kinderworkshops stattfinden, teile ich mit meiner guten Freundin und Kollegin Jessica Guidi (sie filzt mit Wolle). Sonst bin ich noch Dozentin für Dreidimensionales Gestalten in Keramik an der Freien Kunstschule am Hallschlag in Stuttgart. Es freut mich jedes Mal da zu sein, weil da die begabten Studenten und wir ein nettes Kollektiv von Dozenten sind. Die Lehrstunden sind einmal pro Woche und deswegen habe ich genug Zeit für meine eigene Arbeit.
Wie kam es zur Gründung deines Keramik-Labels „Domile“?
Mein Keramik – Label Domile ist mit einer kleinen Hilfe von der Galerie (“Egles”) aus Litauen entstanden. Der Name “Domile” ist in Litauen sehr selten, deswegen habe ich mich entschieden ihn zu nehmen. Der Apfel war die Idee der Galerie. Der Grund vom Apfel als Symbol im Logo, liegt an den Ohrringen die ich auch mache. Es sind zwei Porzellan Äpfel, oder es ist eine Kombination aus einem Apfel und einer Tasse.
Ist die Keramik dein Hauptberuf oder machst du noch etwas anderes?
Mein Repertoire ist breit: Porzellanschalen, Tassen, Schmuck, Glocken, Skulpturen, Kunst, Kinder – und Erwachsenen – Workshops, Unterrichten an der Kunstschule, Assistentin für anderen Künstler und weitere Jobs nebenher. Wie man es sieht kann ich bis heute nicht ganz von meinen eigenen von mir kreierten Kunst leben. Ich habe aber die Hoffnung, dass es irgendwann gehen wird. Ich denke, wie auch bei vielen anderen Künstlern, dass das Problem das Management ist. Es braucht so viel Zeit, wenn man was kreieren will – man kann einfach allein alles nicht schaffen. Gerade arbeite ich an meinen Auftritten bei Instagram @do_porcelain, @domileart und unserem gemeinsan Auftritt mit Jessica Instagram Guidi @filztonworkshops – wo ich mich bemühe, Werbung zu machen und neue Menschen kennen zu lernen. So was bringt immer neuen Erfahrungen und Ideen mit sich und manchmal auch neue Möglichkeiten. Bald wird der Etsy Shop “Dommmile” erneuert und ich probiere dort auch mein Glück.
Was gehört deiner Meinung nach dazu, um von seiner kreativen Arbeit leben zu können?
Na ja, am wichtigsten heutzutage ist die Werbung und wie man mit ihr umgeht. Kreativ zu sein und viel zu kreieren ist sehr wichtig – aber wenn niemand weiß was du machst, dann braucht das auch niemand. Logisch oder? Alles allein zu schaffen ist sehr anstrengend und stressig. Es ist immer besser, Unterstützung von jemandem zu haben.
Welche 3 Tipps würdest du angehenden Gründer*innen geben, die mit ihren kreativen Ideen ein erfolgreiches Business aufbauen wollen?
QUALITÄT, EHRLICHKEIT und MANAGEMENT. Drei Wörter die meine Meinung nach wichtig sind.
Nimm uns doch mal mit in deinen kreativen Workflow: Wie entsteht ein Produkt bei dir – von der ersten Idee bis zum getöpferten Produkt?
Etwas aus Porzellan zu gestalten ist ein langer Prozess. Porzellan muss hauptsachlich gegossen werden. Es ist anders als Ton, man kann mit Porzellan keinen großen Formen frei von Hand modellieren. Erst muss man eine negative Gips Form vorbereiten und sie trocken lassen. Die Porzellan-Gießmasse bereite ich auch selbst nach eigenem Rezept vor. Sie kommt in Stücken und muss erst noch verflüssigt und verfeinert werden. Auch konnte ich eine richtige weiße und flexibel Porzellanmasse in Stuttgart nicht finden, deswegen muss ich sie aus Litauen importieren. Am Anfang wird die Porzellangießmasse in die Gipsformen gegossen. Nach 5 Minuten muss die Gießmasse aus der Form ausgegossen werden. Es braucht circa ein paar Stunden, bis man den Rohling aus der Gipsform nehmen kann, nur dann ist es möglich noch etwas daran zu modellieren. Die Rohlinge dürfen nicht zu trocken aber auch nicht zu feucht sein. Wenn sie trocken sind, kann man die sie bearbeiten – mit nassem Schwamm retuschieren, um alle unschönen Details weg zu machen. Nun muss man sie wieder die trocken lassen. Danach kann man die Sachen mit Unterglasurfarben anmalen und danach bei 1250°C brennen lassen. Die Temperatur muss langsam ansteigen und wieder langsam runter gehen, deswegen braucht es insgesamt 2 Tage für den Brand. Nach dem ersten Brand muss man die Werkstücke mit Schleifpapier polieren und dann glasieren. Warum muss man glasieren? Weil sonst ohne die Glasur die Oberfläche vom Porzellan grob und unangenehm zu anfassen wäre. Ich nutze immer farblose Glasur (Glasur ist einfach Glaspulver), sie ist natürlich geeignet für Essgeschirr. Danach muss man alles wieder bei 1050°C brennen. Und es dauert wieder 2 Tage, bis man die Werkstücke aus dem Ofen holen kann. Der letzte Brand ist für die Vergoldung. Die Objekte sind nach der Glasur glatt und glänzend aber für die kleinen schönen Details die man vergoldet haben will, muss es ein drittes Mal bei 795°C gebrannt werden. Das Gold sind echte 12% Goldflüssigkeit, genau vorbereitete für Keramik.
Also, so lange ist den Weg um die fertigen Ergebnisse zu bekommen und das nur, wenn alles gut gelaufen ist. Manchmal braucht man aber noch mehrere Brände. Zu meinen Studenten sage ich: “Bei Keramik muss man immer bereit für Überraschungen sein, und manchmal sind sie gut aber manchmal auch nicht.“
Empfindest du deine Arbeit als erfüllend? Was macht für dich eine erfüllende Tätigkeit aus?
Mein Beruf und Arbeit empfinde ich mehr als erfüllend. Ich könnte mir nichts anderes für mich vorstellen als das, was ich gerade mache. Ich bin in meiner Familie schon die zweite Generation in der Keramikwelt und bin mit dem Porzellan aufgewachsen. Bis heute erinnere ich mich an die Worte einer Lehrerin in der Schule: “Wenn ihr in eurem Leben nicht arbeiten möchtet, dann wählt den Beruf, den ihr liebt.“
Was würdest du tun, wenn du genug Geld zum Leben hättest und nicht mehr arbeiten müsstest?
Am Schluss kann ich vom Herzen sagen: Egal wie viel Geld ich haben werde, ich werde immer mit Leidenschaft meine Keramik weiter machen.
Liebe Domile, vielen Dank für diesen spannenden Einblick in deine kreative Arbeit und viel Erfolg weiterhin!